Die (scheidende) Präsidentin des Goethe Instituts,
Carola Lentz, 69, äußert sich im Gespräch mit Julia Encke von der
FAS doch recht eirig in Fragen der Politik des Hauses beim jüngsten Streit um
Antisemitismus im Kulturbetrieb und Ausladungen von Kulturakteuren, die dem Israel-Boykott anhängen. Schon im Januar hatte sie im
Spiegel eine Atmosphäre des "
Kulturkampfs" beklagt und sich ganz im Sinn des "Weltoffen"-Papiers gegen die IHRA-Definition des Antisemitismus ausgesprochen, die auch israelbezogenen Antisemitismus einschließt. Die Positionierung für die eine Seite bedeutet dummerweise nur immer auch eine
gegen die andere. Encke fragt Lentz etwa zur Autorin
Ronya Othmann, die in Pakistan nicht auftreten konnte, weil sie von einer BDS-Anhängerin, die ihre Veranstaltung moderieren sollte, als islamophob denunziert worden war (unser
Resümee). Auf die Frage, ob man noch einen
jüdischen deutschen Schriftsteller nach Pakistan einladen könnte, antwortet Lentz ausweichend: "Die Frage der Sicherheit kann man nicht nur aus Deutschland heraus beantworten. Sie muss
vor allem vor Ort geklärt werden. Hier ist die Expertise unserer Mitarbeiter vor Ort essenziell." Und betont, dass man diese Fragen doch
nicht so in den Vordergrund stellen sollte: "Wir reden jetzt über
einige wenige Fälle, wo massive Probleme auftauchen. Wir reden nicht über die 14.090 anderen, wo ganz fruchtbare und wunderbare Begegnungen zustande kommen."
In der selben
FAS ist Othmann
ziemlich genervt von dem
Wort "
provinziell", das immer dann ausgepackt wird, wenn kritisiert werden soll, dass israelkritische bis antisemitische Kulturakteure in Deutschland ab und zu ein bisschen Ärger kriegen. "Als wäre der
Gipfel der Weltgewandtheit genau dort zu finden, wo irgendwelche Boykottbriefe unterschrieben, israelische Wissenschaftler und Künstler ausgegrenzt werden (auch wenn sie noch so sehr die rechte Regierung Netanjahus kritisieren), wo undifferenziert mit Begriffen wie 'Apartheidsystem' und 'Genozid' hantiert, wo über den Nahen Osten gesprochen wird, als gäbe es keinen Islamismus, keine Diktaturen und keinen jahrzehntelangen iranischen Terrorexport. ... Sieht man genau hin, spricht aus dem Argument, in anderen Kontexten gelten halt andere Sitten, und aus den Provinzialität-Warnrufen auch ein
Kulturrelativismus. Man macht es sich damit sehr leicht. Man wolle die Gesprächskanäle offen halten." Gerade hier erkennt Othmann die Selbstprovinzialisierung: "Das Gegenkonzept dazu wäre der
offene Streit."