Witold Gombrowicz

Sakrilegien

Aus den Tagebüchern 1953 bis 1967
Cover: Sakrilegien
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783821845098
Gebunden, 364 Seiten, 27,50 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Olaf Kühl. Nein, Kulturkritik kann man das nicht nennen. Kulturkritik, das hört sich ja so müde an. Dagegen Gombrowicz und seine noble Unverschämtheit! Dieses aggressive Rollenspiel, diese Attacken auf alles und auf jeden, Polen, Franzosen, Argentinier, Deutsche! (Ein besonders schönes Kapitel handelt vom West-Berlin der sechziger Jahre.) Damit provoziert er natürlich Rechte wie Linke, Gerechte wie Ungerechte. Kein Wunder also, daß das vollständige Tagebuch einen über tausendseitigen Folianten füllt. Das ist nicht jedermanns Sache. Deshalb begnügt sich die hier vorgelegte Auswahl auf ein gutes Drittel der Vorlage.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.06.2002

Ein Ereignis, ein intellektuelles Abenteuer stellt die Lektüre dieser kleinen Auswahl (ein Drittel des Gesamttextes) der Gombrowiczschen Tagebücher für die Rezensentin dar. Der Band, versichert sie, gibt nicht nur eine gute Vorstellung von den wichtigsten Themen des Autors, sondern vergegenwärtigt auch die "paradoxe Symbiose" seiner "geistigen Akrobatik" mit einer "erstaunlichen Direktheit". Über die Berliner Seiten der Aufzeichnungen war es Olga Martynova sogar möglich, "einen scharfsinnigen Einblick" in die Anfänge der Gesellschaft zu erlangen, in der wir leben: "einer Gesellschaft nivellierter Konsumenten".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.04.2002

In einer kurzen Kritik empfiehlt Ulrich M. Schmidt nachdrücklich dieses Tagebuch von Witold Gombrowicz, der einer der "hellsichtigsten Zeugen des 20. Jahrhunderts" gewesen sei. Auch in diesem literarischen Tagebuch habe Gombrowicz sein Kunstideal von der "äußersten Spontanität" beherzigt. "Schreiben müsse man, wie ein Kind im Gebüsch Pipi mache - um sich zu erleichtern", zitiert Schmid den Autor. Besonders deutlich werde das an dem Berlin-Porträt aus den sechziger Jahren, in dem Gombrowicz misstrauisch die Berliner Jugend beobachtet, die unbekümmert über den Kurfürstendamm flaniert, wo zwanzig Jahre vorher ihre Väter im Stechschritt marschiert seien. Hier beweise der Autor sein "feines Sensorium für die Pathologie der Normalität", lobt Schmid.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.02.2002

Christoph Bartmann zeigt sich begeistert von Witold Gombrowiczs einem "Boxring" gleichenden Tagebuch, das nach der mehr als tausend Seiten umfassenden Hanser-Ausgabe nun in einer schmaleren Neuausgabe von Hans Magnus Enzensberger vorliegt, aus dem polnischen übertragen vom "glänzenden" Übersetzer Olaf Kühl. Die Tagebücher umspannen den Zeitraum von 1953 bis 1967, Gombrowiczs Jahre im argentinischen Exil ebenso wie seine Zeit in (West-)Berlin. Bartmann folgt in seiner Rezension den Stationen dieses aufregenden Lebens und erblickt darin ein "Schauspiel, das auch für heutige Leser nichts von seiner Verve und Schlagkraft eingebüßt hat". Dem "Rüpel-Dandy" und "aristokratischen Anti-Bourgeois" Gombrowicz sei nichts heilig. Weder dem Bürgertum mit seiner Vergötzung der Kunst und der Wissenschaft noch dem Kommunismus und dem Katholizismus gewähre er Schonung. Faszinierend findet Bartmann dabei, dass Gombrowicz, der über eine umfassende Bildung verfügte, bei allen Attacken, eigentlich immer seinen Meister sucht. Mit am aufschlussreichsten ist für Bartmann das Kapitel über die Jahre 1963/64, in dem Gombrowicz befremdet das "Glitzerding" Berlin schildert. "Aber das ist nur einer unter vielen Gründen", resümiert Bartmann, "dieses Tagebuch zu lesen, es wieder zu lesen und es wieder und wieder zu lesen."
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