Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Design und Mode

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 30.05.2024 - Design

Elon Musks Cybertruck - ein verpanzertes Ungetüm von einem Wagen - ist derzeit in der Schweiz zu sehen, schreibt Roman Bucheli in der NZZ. Allerdings nur als Ausstellungsobjekt, als Verkehrsmittel ist es in der Schweiz nicht zugelassen und das aus guten Gründen: "Die massive Konstruktion signalisiert im Verbund mit dem Design zweierlei: Egozentrik und Abwehr. ... Der Cybertruck ist für eine Welt gebaut, in der jeder Gang vors Haus ein Himmelfahrtskommando darstellt. Allerdings muss sich in einer Welt, in der Cybertrucks verkehren, jeder Gang vors Haus wie ein Himmelfahrtskommando anfühlen. Elon Musk arbeitet darum wacker an der Herstellung einer Welt, für die sein Ding wiederum die passende Antwort ist. ... Das Ding ist die Antithese zum Citroën DS. Keine Göttin mehr, aber ein Gott, genauer Mars, der Kriegsgott. So gesehen ist der Cybertruck eine Manifestation der Gegenwart und Elon Musk wieder einmal ihr Trendsetter. Das Ding scheint als familientaugliche Version eines gepanzerten Personentransporters wie gemacht für unsere Zeit, die sich gerne apokalyptisch gibt." Zu einer ähnlichen Einschätzung kam bereits Gerhard Matzig in der SZ (unser Resümee).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 28.05.2024 - Design

Die großen Modelabels verkaufen ihre Ware zu exquisitesten Preisen auf Investmentniveau, vermarkten sich auf Social Media aber als Hüter hehrster Handwerkskunst, während zugleich selbst für geschulte Augen kaum mehr unterscheidbare Fakes aus dem asiatischen Billigsegment die Märkte fluten, schreiben Julia Werner und Olivia von Pilgrim in der SZ. Beispiel Chanel: "Unter dem Titel 'Métiers d'Art' hat das Unternehmen seit 1983 Dutzende Ateliers gekauft, deren Disziplinen - Federschmuck, Knöpfe, Hüte, Stickereien - ohne dieses noble Engagement, klar, wohl verloren wären. Diese göttliche craftsmanship ist natürlich der Haute Couture vorbehalten, also der Maßanfertigung, die definitiv Luxus ist. Aber der Heiligenschein erleuchtet natürlich auch all die anderen Produkte, die das gleiche Logo tragen. ... Das Luxus-Paradoxon ist, dass Verkäufer uns die ganze Zeit die Einzigartigkeit ihres Produkts glauben machen wollen. Aber Bernard Arnault, Gründer und Mehrheitseigner des Luxuskonzerns LVMH, ist mit einem geschätzten Vermögen von 233 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt. Man muss sich also die Frage stellen, wie jemand so galaktisch reich werden kann mit der Hilfe von langsamen, vom Aussterben bedrohten Menschenhänden."
Stichwörter: Mode, Chanel, Social Media

Efeu - Die Kulturrundschau vom 24.05.2024 - Design

Ingo Maurer: Gio Ponti in the Sky with Diamonds, 2004 Holz, Kristalle, LED. Unikat, Foto: Lucie Jansch

Das Leipziger Grassi-Museum wird 150 Jahre alt und feiert sich mit der von Robert Wilson gestalteten Ausstellung "A Chair and You". Und die ist eine "Sensation", jubelt Andreas Platthaus (FAZ) - und zwar nicht nur wegen der etwa 130 Künstlerstühle aus der Sammlung des Schweizer Unternehmers Thierry Barbier-Mueller, sondern vor allem wegen Wilsons Lichtregie: Er leuchtet "die mehr als 130 Künstlerstühle - unter deren Schöpfern sind Ron Arad (vielfach), Niki de Saint Phalle, Daniel Libeskind, Donald Judd, Frank Gehry, Franz West, Lawrence Weiner, Ettore Sottsass und nicht zuletzt Wilson selbst - in den vier tageslichtlosen Räumen jeweils derart individuell und ständig variierend aus, dass nicht nur ein faszinierendes Schattenspiel geboten wird, sondern auch eine erzählerische Dramaturgie, die einzelne der stehenden oder hängenden Stühle zu Akteuren macht, die visuell miteinander in Dialog treten. Einige aber sind auch Solisten wie Bruno Munaris 'Stuhl für sehr kurze Besuche', der mit abschüssiger, verkürzter Sitzfläche nicht zum Verweilen einlädt, durch die Positionierung eines Scheinwerfers aber den Schatten eines dem Anschein nach perfekt proportionierten Sitzmöbels wirft."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 11.05.2024 - Design

Die Ausstellung "Bauhaus und Nationalsozialismus" in der Klassik Stiftung Weimar sorgt für Graustufen im sonst vorherrschenden historischen Bild vom Bauhaus, das von den Nationalsozialisten unterdrückt wurde und zu diesen auf Distanz ging, schreibt Sophie Jung in der taz. Zwar wurden einige Bauhauskünstler verfolgt und manche sogar in den Konzentrationslagern ermordet. Einige machten aber auch Karriere - Fritz Ertl etwa gestaltete Pläne für das KZ Auschwitz-Birkenau. Und die Nationalsozialisten konnten der klaren Bauhaus-Linie ästhetisch durchaus etwas abgewinnen - für Zeitungsporträts ließ sich Hitler auch mal im Freischwinger ablichten. "Die Moderne als rationales Projekt, sie findet bei Ertls Architekturplänen ihren düstersten Abweg. ... Die Produktwelt des Reichs liegt zwischen braunem Mief und Fortschrittsversprechen. Es ist daher eine zu einfache, vielleicht zu schöne Erzählung, die serifenlose Schrift am schmiedeeisernen Tor des KZ Buchenwald mit dem zynischen Spruch 'Jedem das Seine' sei ein stiller Widerstandsakt des Bauhäuslers Franz Ehrlich gewesen. Der Kommunist wurde 1938 als Buchenwaldhäftling dazu gezwungen, das Tor zu gestalten, seine modern-runde Typografie war nicht subversiv, sie hat der SS einfach gefallen."

Silke Wichert hat in der NZZ viel Freude an den Auftritten von Lauren Sánchez, der Verlobten von Jeff Bezos, bei öffentlichen Anlässen: Stilkritiker mögen mit den Augen drehen, aber "wenn Stilberater immer sagen, man solle seinen eigenen Stil finden - voilà!".
Stichwörter: Bauhaus, Nationalsozialismus

Efeu - Die Kulturrundschau vom 07.05.2024 - Design

Gerhard Matzig zieht in der SZ den Hut vor dem verstorbenen César Luis Menotti, aber nicht im Hinblick auf dessen Profession als Fußballtrainer, sondern als Stilikone, als Mensch mit Sinn für Schönheit und Genuss. "Gilt der Roxy-Music-Frontmann Bryan Ferry bis heute als godfather of style im Pop, so stieg Menotti nur leicht zeitversetzt, nämlich bei der WM 1978 in Argentinien, aus dem Zigarettenrauch, nicht ganz wie die Botticelli-Venus aus dem Schaum, aber eben als jemand, der die Schönheit im Fußball und abseits des Fußballs als etwas Existenzielles zu würdigen wusste: Dazu musste man ihn noch gar nicht gehört haben, dazu reichte es schon, ihn erst mal nur auf der Bank sitzen zu sehen. ... Dass Menotti dem Fußball und der Schönheit, dem Inhalt und der Form gleichermaßen Respekt zollte, sah man übrigens immer an seiner sehr überlegt gewählten Kleidung. Falls man ihn und seine Kleidung im Zigarettenrauch noch entdeckte. Diese Lässigkeit, diese Eleganz ..."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.05.2024 - Design

Früher kam kaum eine Jugend- und Subkultur ohne sie aus, einen Aufkauf durch einen Finanzinvestor und Börsengang später steht es um die klassischen Doc-Martens-Schuhe allerdings insbesondere wirtschaftlich ziemlich schlecht, fürchtet Michael Pilz in der Welt. Womöglich sind es für die Stiefel einfach keine guten Zeiten mehr, "nachdem die digitalen Netze alle Subkulturen erledigt haben, bis auf jene, die sich allen offenen Netzwerken verweigern wie die Ultras in den Fußballstadien, die allerdings auch keine Docs mehr tragen, sondern Sneakers. Moden, die aus den in sich geschlossenen Kulturen des vergangenen Jahrhunderts stammen, Marken wie Doc Martens und Fred Perry, Merc, Lambretta und Ben Sherman, finden sich längst in einer verhängnisvollen Dialektik wieder. Einige wurden bereits zwischen Diversität und Distinktion zerrieben. Andere werden getragen und gekauft, weil sie sich ständig neu erfinden, ohne es sich mit den Alten zu verderben. Zwar steht der Fred-Perry-Lorbeerkranz für nichts mehr, außer für sich selbst, aber er steht, und die Geschäftszahlen scheinen stabil zu sein. Weniger gut sieht es für Dr. Martens aus und seinen Schuh zum Polohemd."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 03.05.2024 - Design

Für die FAZ spricht Alex Bohn mit den Designern Hillary Taymour und Charlie Engman über deren Modemarke Collina Strada. Niklas Maak beobachtet in Frankfurter Allgemeine Quarterly mit Wohlwollen, dass Renault mit seinem Modell 5 dem Elektroauto endlich etwas ästhetischen Glanz verleiht.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 16.04.2024 - Design

Sehr interessiert geht tazlerin Brigitte Werneburg durch Olivier Saillards und Emanuele Coccias Ausstellung "The Many Lives of a Garment" im ITS Academy Museum of Art in Fashion in Triest, in der es um "die Inszenierungen des Körpers und damit des Selbst durch Kleidung an den unterschiedlichsten Schauplätzen des Alltags" geht: "Da ist das Kleidungsstück, das ausgezogen am Boden liegt und in dem man noch immer die Form des Körpers erkennt. Die Outfits aber in der klassischen Museumsvitrine werden wie Reliquien andächtig bestaunt, verheißen sie doch eine Begegnung mit ihren Trägerinnen Tilda Swinton und Charlotte Rampling, Ikonen unserer Zeit. Ein Haute-Couture-Kleid, das ein Mannequin vor sich herträgt, macht bewusst, dass diese Schneiderkunst vor allem sich selbst präsentiert. Aufgrund der unverkennbaren Handschrift der Modeschöpferin oder des Designers ist das Kleid insofern Werbung für die Trägerin, als sich das Image des Hauses auf sie überträgt. Es ist selbst noch im Zustand des Verfalls spürbar, wie vom Licht ausgebleichte und vom Tragen formlos gewordene Kreationen von Dior und Balenciaga schmerzlich bewusst machen."
Stichwörter: Mode

Efeu - Die Kulturrundschau vom 15.04.2024 - Design

Carmen Böker (Zeit Magazin) und Jürg Zbinden (NZZ) schreiben zum Tod des Modedesigners Roberto Cavalli (weitere Nachrufe bereits hier).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 13.04.2024 - Design

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Roberto Cavalli ist tot. Er war der Modedesigner, der "Glamour und Exzess zelebrierte, indem er seine Models und Schauspielerinnen mit Leopardenmustern, in mit Juwelen geschmückten Jeans, in Satin-Korsette und anderen völlig unbekümmerten protzigen Kleidern auf den Laufsteg, bzw. den Roten Teppich schickte", schreibt Steven Kurutz in der New York Times. Seine "Aufmerksamkeit suchenden, viel Haut zeigenden Kleider waren nichts für Introvertierte. Auch war seine Marke nicht intellektuell. Stattdessen spielte Cavalli mit dem spaßigen, flamboyanten, hedonistischen Aspekt von Mode. ... Stets sonnengebräunt und immer eine Zigarre im Mund, verfolgte Cavalli einen Lebensstil, der so Rock'n'Roll war wie seine Kleider. Er flog seinen eigenen, schillernd violetten Helikopter und bereiste das Mittelmeer mit seiner ebenfalls violetten Yacht." Für Vogue führt Laird Borrelli-Persson durch Cavallis Schaffensphasen.

Golgotha Chair by Gaetano Pesce, 1972


Gestorben ist auch der große Gaetano Pesce. Künstler wäre eigentlich eine bessere Beschreibung für ihn als Möbeldesigner, meint Peter-Philipp Schmitt in der FAZ. Als der Unternehmer Cesare Cassina "1971 eine Marke für Experimentaldesign gründete, Braccio di Ferro, übernahm Pesce die Leitung. Mit ihr entwickelte er die Stuhlserie Golgotha, eine Anspielung auf den Ort, wo Jesus angeblich gekreuzigt wurde. Das allein war schon gewagt. Inspiration war darüber hinaus das Grabtuch Christi. Pesce legte sein Tuch aus Glasfasergewebe, Polyesterfasern und Epoxidharz über einen Würfel und hängte die Lehne an zwei Haken auf. Bevor das Ganze aushärtete, gab eine Person mit ihrem individuellen Körperabdruck dann dem Sitz seine Form. Pesce lehnte die gleichmacherische Globalisierung ab, die eigentlich Grundlage serieller Produktion ist. Sein Ziel waren Serien aus Unikaten. Und dafür eignete sich besonders Kunstharz, das bei seinen Vasen, Stühlen oder Spiegeln, jeweils ein wenig anders, in Formen floss."
Stichwörter: Cavalli, Roberto, Mode, Modedesign