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Essay 19.11.2015 […] diese Erfahrung das weitere Leben verändert - eine Frage, die für gewöhnlich offen bleibt, da die einschlägigen Filme mit dem Tod der jeweiligen Protagonisten enden. So ist "Mia Madre" ein vielschichtiger, ein multipler Film geworden: Dokument von Morettis Trauerarbeit am Tod seiner Mutter; Reflexion über die Möglichkeit, diese Erfahrung filmisch zu verarbeiten; Inszenierung der Kollision von Beruflichem […] ihren chronologischen Lauf nehmen, werden die Geschehnisse um das Sterben der Mutter (Erinnerungen an den Beginn ihres Siechtums, Gegenwart der Pflege in Krankenhaus und Zuhause, Vorgriffe auf ihren Tod) dyschronisch montiert. Das Verfahren, das in manchen Szenen offen lässt, ob es dem gestressten Bewusstseinsstrom der Hauptdarstellerin folgt oder den dementischen Konfabulationen der Sterbenden Tribut […] "Mia Madre" einer linear finalisierten Logik gehorcht, ist der physische Verfall der Mutter, gegen dessen Fatalität Moretti die offene Struktur seiner Film-im-Film-Metalepse aufbietet, um dem nahenden Tod die Macht über die Lebenden und damit - auch das ein eklatanter Konventionsbruch - die Schlüsselstellung zu verweigern, die er in Sterbefilmen für gewöhnlich einnimmt. Anders gesagt: während die Mutter […] Von
Daniele Dell'Agli