Javier Marias

Die Reise über den Horizont

Roman
Cover: Die Reise über den Horizont
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2002
ISBN 9783608932393
Gebunden, 205 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Elke Wehr. Eine Antarktisexpedition, die nie ihr Ziel erreicht, ein Mord, ein tödliches Duell, eine mysteriöse Entführung und eine Dame, die ihr Geheimnis mit ins Grab nimmt - Javier Marias unterhält mit einem turbulenten Roman, der als Hommage der großen Abenteuerromane des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu verstehen ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.01.2003

Als Javier Marias diesen Roman schrieb, seinen zweiten, war er gerade 21 Jahre alt. Die Grundmuster seines Erzählens finden sich, meint der Rezensent Albrecht Buschmann, schon hier. Es geht um "Abenteuerromane zweiten Grades", bei denen sich das Erzählung von Geschichten um Liebe, Mord und Leidenschaften mit Reflexionen auf das Schreiben, Erinnern, Erzählen selbst verbindet. Im Unterschied zum jüngeren Werk überwiegt hier freilich "das Abenteuer". Erzählt wird die Geschichte einer Antarktisexpedition, zu der, unter Führung des amerikanischen Millionärs John Kerrigan, eine Gruppe von Künstlern aufbricht - unterwegs aber kommt es zu einem Mord, der Expeditionsleiter wird wahnsinnig. Übermittelt wird die Geschichte als Roman eines der Teilnehmer, der dem Erzähler vorgelesen wird. Von besonderer Bedeutung, findet der Rezensent, ist dieser narrative Clou allerdings nicht; vor allem, scheint ihm, hatte Marias Lust auf eine wilde Abenteuergeschichte. Die aber versteht er, lobt Buschmann, "charmant" und elegant zu erzählen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.11.2002

"Ein bisschen kompliziert ist das Ganze schon", schreibt Martin Krumbholz. Aber er ist doch sehr nachsichtig mit dem ersten Roman des heute weltberühmten Javier Marias. Gerade einmal zwanzig Jahre war Marias gewesen und deshalb ist es für den Rezensenten sonnenklar, dass es sich bei dem Roman "naturgemäß um reine Literaturliteratur" handele. Außerdem komme man dauernd ins Straucheln, weil die Geschichte sehr verschachtelt sei: "Da gibt es den Freund des toten Schriftstellers, der dessen nachgelassenes Werk zwei Bekannten vorliest; einer davon ist der Ich-Erzähler der Rahmengeschichte. Der Roman im Roman enthält seinerseits kürzere Binnenromane, in denen Nebenpersonen der Haupthandlung als Hauptpersonen auftreten, teilweise wiederum als Ich-Erzähler." Der Hauptteil des Romans spielt auf einer Kreuzfahrt, aber das scheint der Rezensentin dann auch nicht mehr so wichtig zu sein - denn Handlung und Figuren fehle die Tiefe. Ist der Roman nun eine "schreckliche Enttäuschung", fragt sich der Rezensent, um sich dann zu antworten: "Nein, nein, so melodramatisch wollen wir nicht sein. Dieses Debüt handelt zwar von nichts anderem als der puren Lust am Fabulieren, aber das auf einem brillanten Niveau."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.10.2002

Seit Marías mit "Mein Herz so weiß" die hiesigen Leserherzen im Sturm eroberte, hofft sein Verlag, die älteren Bücher des spanischen Autors ebenso erfolgreich abzusetzen. In diesem Fall handelt es sich laut Martin Halter um ein recht "angestaubtes Frühwerk" von Marías, das der damals gerade erst Zwanzigjährige ganz im postmodernen Geist der siebziger Jahre verfasst haben soll. Der "britischste aller spanischen Schriftsteller", so Halter, setzte damals weniger auf Shakespeare als auf ein parodistisches Spiel mit der Tradition der Abenteuer- und Unterhaltungsromane seiner geistigen Wahlheimat; Arthur Conan Doyle, Jules Verne und Agatha Christie dienten als Vorlagen. Der Roman gibt vor, ein Expeditionsroman zu sein: eine vornehme und bunt zusammengewürfelte Gesellschaft sticht 1904 in See, um den Südpol zu erforschen. Sie kommt dort nie an, fasst Halter zusammen, da sie intern mit geheimnisvollen Skandalen, Duellen, Affären beschäftigt ist, über die der Leser nie Genaues erfährt. Das Spiel mit der Neugier des Lesers wird für Halter auf Dauer enttäuschend. Zwar parodiere Marías virtuos Motive, Stoffe und Stil des viktorianischen Unterhaltungsromans, doch halte der Leser am Ende nur lose Erzählfäden in der Hand.
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