Raquel Erdtmann

Joseph Süßkind Oppenheimer

Ein Justizmord
Cover: Joseph Süßkind Oppenheimer
Steidl Verlag, Göttingen 2024
ISBN 9783969993262
Gebunden, 272 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Nur wenige Stunden nachdem der württembergische Regent Carl Alexander 1737 ganz plötzlich verstirbt, wird sein Geheimer Finanzrat Joseph Süßkind Oppenheimer verhaftet. Die Anklage: Landesverrat. Die Behörden haben Mühe, Belege für Vergehen zu finden, der Prozess zieht sich elf Monate in die Länge, endet aber unumstößlich mit dem Todesurteil. Schon zu Beginn des Prozesses ist die Versteigerung von Oppenheimers Hausrat in vollem Gange: Die besten Schmuckstücke sichert sich der Staat, die schönsten Kleider seiner Geliebten Luciana bringen die ehrbaren Stuttgarter Damen an sich. Aus dem stolzen, selbstbewussten Mann, der an ein rechtsstaatliches Verfahren glaubt, wird in der Haft zunehmend ein Getriebener, der verzweifelt um sein Leben kämpft. Raquel Erdtmann hat für ihre historische Spurensuche acht Meter Archivbestand akribisch durchgesehen und nimmt uns mit in die deutsch-jüdische Vergangenheit. Sie erzählt die Geschichte des Schauprozesses um Joseph Süßkind Oppenheimer, aber auch, wer der Mensch Joseph Oppenheimer war, bevor er zur literarischen Figur bei Lion Feuchtwanger und zum propagandistischen Feindbild der Nazis wurde. Und wie nebenbei leuchtet sie das Leben der deutschen Jüdinnen und Juden im 18. Jahrhundert aus.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 04.05.2024

Dirk Schümer schätzt den wissenschaftlichen Ton, den Raquel Erdtmann mit ihrer Gerichtsreportage über den Fall Joseph Süs Oppenheimer anschlägt. Im Gegensatz zu Feuchtwangers Ansatz erzählt Erdtmann jüdische Alltagsgeschichte und nimmt mit Herzog Karl Alexander und Oppenheimer ein "wunderliches Duo" in den Blick, so Schümer. Wie die Autorin den plötzlichen Sturz Oppenheimers nach Alexanders Tod behandelt, "minuziös aus den Quellen", findet Schümer stark. Der ganze Opportunismus der "juristischen Schranzen" und die erschütternde Demütigung des Opfers werden so überaus deutlich, meint er.